Als Kunde verloren im Baumarkt…

Neuerdings treiben wir uns verstärkt in Baumärkten herum. In diesen Konsumtempeln für Do-it-Yourselfer, Handwerker, Gartenliebhaber und praktisch veranlagte Leute. Ich bin da immer etwas verloren in den hunderten Gängen voller Fliesen, Pflanzen, Armaturen, Elektro-Kleinartikeln, Wandpapieren und Badmöbeln.

Gestern nun war es, dass ich mich aus gegebenem Anlass für Badezimmerarmaturen zu interessieren hatte. Ohne jede Fachausbildung in diesem Bereich drehte ich hier, ruckelte da und war ganz überrascht, wieviel verchromtes Plastik da eigentlich angeboten wird. Da gibt es massenhaft Armaturen, die bereits im Laden Auflösungserscheinungen zeigen. Der Chromlack auf elfenbeinfarbenem Plastik platzt ab und irgendwie kann man kaum glauben, dass diese Geräte das Ende der Garantiezeit erleben werden.

Doch dann fiel mir der Name von Hans Grohe ein. Dessen Armaturen hatte ich früher schon im Haus eingesetzt – und ja, ich war zufrieden mit der Qualität der damaligen Hightech-Armaturen für Dusche und Badewanne. Hier konnte man die Wassertemperatur bestimmen und hatte mit den Drehgriffen eigentlich nur das Problem, dass beseifte Hände auf dem nassen Metall keinen Grip entwickeln konnten. Mit der Zeit ging das aber – und so blieb mir der deutsche Qualitätshersteller GROHE ein Begriff.

Alles Armaturen - vom Design her alle recht nah beieinander, doch was ist mit der Qualität?
Alles Armaturen – vom Design her alle recht nah beieinander, doch was ist mit der Qualität? (Foto: Markus Burgdorf)

Dessen Armaturen gab es da im Baumarkt natürlich auch. Und tatsächlich, dass was bei den Hausmarken des Baumarktes nur als billige Plastikimitation des Designs herkam, schien auf den ersten Blick schon bessere, deutsche Wertarbeit zu sein. Doch wenn man sich die Verpackung der mindestens dreimal so teuren GROHE-Armaturen ansah, dann merkte man recht schnell, dass GROHE mittlerweile dank der beteiligten Finanzinvestoren auch in China produziert. Made in P.R.C oder Made in China – das ist dasselbe, nur bei P.R.C. hofft man wohl, dass der durchschnittliche Baumarkt-Kunde das für Portugal hält – wo Grohe nämlich auch produziert. Auf manchen steht auch noch stolz „Made by GROHE“ – den Hinweis auf das Produktionsland muss man länger suchen, er ist aber irgendwo versteckt.

Auf einem Karton stand doch tatsächlich „Made in CHIA“ – eine Abkürzung? Oder vielmehr ein Hinweis darauf, dass die Chinesen es mit der Qualität nicht so genau nehmen?

Man fragt sich unwillkürlich, ob man für eine Duscharmatur über 300 Euro zahlen möchte, wenn diese mittlerweile aus China kommt und nur noch den Markennamen als Rechtfertigungsgrund für den hohen Preis hat? Die Baumarkt-Mitarbeiterin zuckt mit den Schultern und sagt „Eigentlich schade, früher war GROHE noch Qualität“. Also verschieben wir unsere Entscheidung und gehen weiter zu den Badmöbeln.

Dort gibt es zum Beispiel Waschtische, also Waschbecken mit Stauraum darunter. Dieser Stauraum besteht aus ein paar mit Folie überzogenen Sperrholzplatten. Als ich den Preis sehe, denke ich noch, ok, das ist ja günstig. Sekunden später realisiere ich, dass dieser einfache Waschtisch ohne Armatur fast 2000 Euro kosten soll. Das, was ich zuerst gesehen hatte, war die Monatsrate… Und so geht es mir in der Badabteilung gleich mehrfach.

Badezimmer Waschtisch
Falscher Blickwinkel: Ich dachte tatsächlich zuerst, dass der Waschtisch mit 79.16 Euro recht günstig sei. Bis ich dann merkte, dass das nur die monatliche Rate war… Als Kunde im Baumarkt gibt es immer wieder Überraschungen. (Foto: Markus Burgdorf)

Eine einfache Glasdusche, vom Hersteller als Luxus Edition standesgemäß angepriesen, kostet schon 1.500 Euro, dann ist aber die Schiebetür noch nicht dabei, die kostet fast das Gleiche nochmal – und die Armatur fehlt auch. Als ich frage, wieviel Seiten diese Dusche denn nun hat, erfahre ich, dass sie nur zwei Seiten hat, denn die anderen beiden Seiten hätte ich doch wohl eine Mauer, oder? Also fast dreitausend Euro für zwei Glasscheiben mit immerhin 8 mm Stärke.

Hagebaumarkt Innen
Das Schild „KASSEN“ bringt die Hoffnung zurück, den Heimwerker- oder Handwerkertempel noch lebend verlassen zu können. (Foto: Markus Burgdorf)

Und so geht es immer weiter. Der vermeintlich günstige Laminatboden, der dann natürlich noch eine Trittschalldämmung braucht (kann man die nicht einarbeiten) oder die Fliese, die sich als nicht im Bad nutzbar erweist, es sei denn man wäre ein Akrobat, dem es nichts ausmacht, mit Volldampf auf der rutschigen Fliese Fahrt aufzunehmen.

Ich flüchte mich zu den Rasenmäher-Treckern, bzw. Aufsitzmähern. Da gibt es ein Modell mit Winterausrüstung, da sehe ich mich schon mal flugs den Schnee wegschieben und weil es so viel Spaß macht, auch gleich beim Nachbarn mit. Doch irgendwie haben die aktuellen Modelle auch ihre Schwachpunkte. Das fängt schon mit dem papierdünnen Blech der Motorhaube an, welche man besser ganz vorsichtig schließt und geht über billigstes Plastik an Lenkrad und Cockpit weiter. Der haptische Eindruck ist desaströs.  Je länger ich mir die Rasenmäher ansehe, desto enttäuschter bin ich. Erwartete ich doch ein richtiges Arbeitsgerät, mit dem man Spaß haben kann und nicht Angst davor haben sollte, dass es beim leichtesten Windhauch umfällt oder wie ein klassischer Holz-Schneeschieber an jedem kleinsten Absatz in den Betonfliesen hängenbleibt.

Ich bin immer todmüde, wenn ich aus so einem Baumarkt rauskomme, diese Läden schaffen mich einfach.

Der Tempel der Hand- und Heimwerker. Edel, edel.
Der Tempel der Hand- und Heimwerker. Edel, edel. (Foto: Markus Burgdorf)

Letztens war ich sogar bei der Eröffnung eines Baumarktes, genauer gesagt eines hagebaumarktes in Holzminden. Ja echt. Und ich war ziemlich beeindruckt, wie sich so ein Baumarkt in Schale werfen kann, wie dieser Tempel der Heimwerker und „ich versuchs mal selbst“-Optimisten sein nach harter körperlicher Arbeit und Baustoffen riechendes Exterieur und Interieur so sauber und fein verwandelt – da denkt man garnicht mehr an den Rattenschwanz, den die gerade gekaufte Tonne Fliesen so hinter sich herzieht.

Heute gibt’s im Eingangsbereich ein Café, es duftet nach Espresso und allerlei Gebackenem, die Gänge sind richtig breit und hier und da versucht sich auch ein Dekorateur mit seinen kreativen Ideen. Farben werden auf Wunsch gemixt und so ganz individuell und der Tapetenverkäufer könnte auch Damen-Couture verkaufen, so elegant bewegt er sich zwischen den an Kunstausstellungen erinnernden Wandtapeten-Präsentationsfeldern.

Selbst an die Kleinen wurde gedacht. Der Baumarkt hat eine Tierabteilung – nicht nur mit Tierfutter und Tierzubehör, nein auch mit echten Tieren zum Mitnehmen: Meerschweinchen, Ratten, Hamster und noch mehr niedliche Nager warten auf neue Besitzer und unterhalten währenddessen Kinder und Erwachsene gleichermaßen.

Im neuen Baumarkt in Holzminden gibt es sogar Tiere. Die unterhalten auch desinteressierte Begleitungen während des Aufenthaltes im Baumarkt und senken den Nöhl-Faktor.
Im neuen Baumarkt in Holzminden gibt es sogar Tiere. Die unterhalten auch desinteressierte Begleitungen während des Aufenthaltes im Baumarkt und senken den Nöhl-Faktor. (Foto: Markus Burgdorf)

Also nix mehr mit aufgerissenen Kartons, verstreuten pulvrigen Packungsinhalten, hustendem, kränklich wirkendem Personal und verärgert dreinschauenden Kunden mit schwieligen Händen.

Nein, der Baumarkt von heute hat damit nichts mehr zu tun. Nur das, was dann mit den gekauften Waren zuhause passiert, das hat sich leider nicht geändert…

 

Über Markus Burgdorf

Markus Burgdorf hat jahrelange Erfahrung als Journalist, PR-Manager und PR-Berater. Seine Spezialgebiete sind Telekommunikation, Automobil und Bau in allen ihren vielfältigen Facetten.

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