The next big Thing in Apps

Immer wieder werde ich von Journalisten und Investoren gefragt, was denn das nächste „Big Thing“ im Bereich der Apps wird. Gleichzeitig bedrängen mich jeden Tag zig App-Herausgeber und Entwickler, genau ihre App als die nächste ganz große Sache zu sehen und möglichst noch am selben Tag darüber zu schreiben und ihnen damit größere Downloadzahlen zu bescheren.

Beides ist etwas schwierig, denn wie die Erfahrung aus dem App-Markt zeigt, kommen die richtig guten Ideen für Anwendungen doch sehr oft auf leisen Füßen daher und fristen erst einmal ein Leben unterhalb jeglicher Aufmerksamkeitsschwelle.

Da braucht es dann schon mal etwas Durchhaltevermögen, bis aus einer unentdeckten App plötzlich ein Trend wird. Und dabei fällt auf, dass das oft Apps sind, wo nicht einmal ein Geschäftsmodell ersichtlich ist – manchmal gibt es nicht mal ein Geschäftsmodell. Das sind dann kostenlose Apps ohne In-App-Käufe, oft ganz einfach in Gestaltung und Bedienung – selbst Werbung findet man in diesen Apps nicht.

Aber sie lösen ein Problem, vereinfachen das Leben oder machen einfach nur Spaß.

Diese Apps kommen meist nicht aus Deutschland, weil Deutschlands Investorenszene zu konservativ ist und weil man hier auch mit besten Ideen, sofern sie nur weit weg genug von Bekanntem oder tatsächlich am Beginn einer möglichen Entwicklung kommen, keinen Business-Angel oder gar VC überzeugen kann.

Klar, antreten lassen sie einen gerne, man kann auch Stunden, Tage und Wochen mit Businessplan schreiben verbringen, Pitches besuchen, Lob bekommen – aber Geld bekommen die wenigsten Ideen.

Über Banken brauchen wir in diesem Zusammenhang auch nicht zu sprechen, die bekommen zwar Geld in Massen extrem günstig, um die Wirtschaft anzukurbeln, das heißt aber noch lange nicht, dass Banken auch Startups im App-Bereich finanzieren würden. Ich habe da genug Beispiele – und es ärgert mich jedes Mal wieder aufs Neue, wenn Banker auf dem Geld der Steuerzahler sitzen und damit lieber spekulieren, als Arbeitsplätze zu schaffen. Insbesondere, wenn vom Gründer getragene Anlaufverluste dann als Grund für die Ablehnung einer temporären Kreditlinie herhalten müssen. Anlaufverluste, liebe Bankangestellte, sind normal.

Die Investorenszene ist nicht besser: Man hat den Eindruck, dass Business Angels und VCs nahezu danach schreien, verarscht zu werden. Das geht ganz einfach: Kopiere eine Idee, ändere hier und da ein Detail und präsentierte es als die nächste ganz große Sache. Recherchiere vorher, was gerade bei den Investoren im Trend liegt. Mach auf keinen Fall den Fehler, alles zu entwickeln und selbst zu finanzieren, denn diese Vorausgaben und -arbeiten zählen später nicht.

Gerade gestern fiel mir wieder auf, dass eine App Venture Kapital bekommen hat, obwohl es bereits andere Apps gibt, die genau das Gleiche leisten und das sogar noch besser können. Und – um dem noch eins aufzusetzen – auch 1000mal mehr Nutzer haben. Soll da ein Fast-Follower unterstützt und aufgebaut werden? Klar, das kann ein Ziel sein, allerdings geht das oft schief, gerade wenn es auf die kritische Masse ankommt.

Eine andere App badet förmlich im Geld, welches ihr von Firmen und Investoren gleich bagggerweise hingetragen wurde. Nimmt man die ganze Euphorie mal weg und betrachtet den Markt mal ganz sachlich, ist diese Finanzierung völlig überzogen und wird auch auf lange Sicht keine Rendite erwirtschaften. Bleibt nur noch, das als strategische Investition zu bezeichnen, dann sind Zahlen zweitrangig.

Ich werde jetzt keine Namen nennen, aber ich habe einige gute aber unterfinanzierte Apps im Kopf – zum Teil wird hier händeringend Kapital und Unterstützung gesucht. Da sind tolle Ideen dabei, andere Ansätze und viel unternehmerisches Handeln und Denken.

Sollten diesen Artikel Business-Angels und VC-Geber lesen, die Unterstützung bei der Suche nach wirklich guten Geschäftsideen suchen, die halt gerade oft nicht in der Start-Up Szene unterwegs sind, bin ich zu Gesprächen und Auswahlberatungen bereit.

Einer der Gründer sagte letzte Woche zu mir: „Es ist schon verrückt, dass bei den Wirtschaftsförderungen und teilweise auch bei Businessplan-Wettbewerben Angestellte und Beamte mit sicherem monatlichen Gehalt darüber entscheiden sollen, ob der Unternehmer, der voll ins Risiko geht, seine Sache gut macht und förderungswürdig ist. Die wissen doch garnicht, was es bedeutet, wenn man kein Gehalt bezieht und jeden Cent zum Leben und Aufbau der Firma selbst verdienen muss.“

Nur wird das leider in Deutschland zu wenig gefördert. Zwar sprechen alle davon, drucken Hochglanzbroschüren, haben tolle Internetseiten und gefallen sich mit dem Sektglas in der Hand auf Wirtschaftsförderungstreffen – aber wenn die Sache dann konkret wird, gibt es immer genug Gründe, warum die Förderung oder Finanzierung gerade bei der aktuellen Sache nicht klappt.

Einer „meiner Gründer“ hat mir gestern gesteckt, dass er viel zu viel Zeit mit dieser Suche nach Finanzierung verbraucht hat – bislang ohne Ergebnis, obwohl sein Produkt (eine hochwertige App)  fertig ist und von allen Seiten gelobt und bestaunt wird. Erhält er nicht in den nächsten Wochen Geld zum Weitermachen, war es das für ihn und seine Mitstreiter.

Klar, da kann man Fehler vorwerfen. Man hätte halt nicht gut genug geplant. Fakt ist, dass viele Gründer „nicht gut genug planen“, denn Vieles lässt sich einfach nicht planen. Und deshalb müssen Financiers nicht immer mit erhobenem Zeigefinger dasitzen und die Gründer wie Idioten behandeln, denen man das kleine 1×1 beibringen müsse.

Sie müssen die fragen, die sich in einem Markt auskennen und tatsächlich die unentdeckten Perlen für Sie herausfischen.

Über Markus Burgdorf

Markus Burgdorf hat jahrelange Erfahrung als Journalist, PR-Manager und PR-Berater. Seine Spezialgebiete sind Telekommunikation, Automobil und Bau in allen ihren vielfältigen Facetten.

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